Bücherschatz des Monats Oktober

Der monatliche Bücherschatz lädt Sie erneut ein zu einem besonderen Blick auf die moderne Buchkunst und bibliophile Kleinode in Brandenburg und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das originelle und kreative Grafikdesign des Cottbuser Malers und Grafikers Rudolf Sittner in zwei vor uns liegenden Werken von bekannten Meistern der Poesie:

Sittner, Rudolf: El retorno – Die Rückkehr, Pablo Neruda - aus letzten Gedichten; mit einem Essay von Klaus Trende. Cottbus: Rudolf Sittner, 2015. Gezählte, nummerierte und signierte Auflage, Exemplar Nummer: 13/20

Shakespeare Sonette. Eine Auswahl; Cottbus: Rudolf Sittner, 2014. Gezählte, nummerierte und signierte Auflage, Exemplar Nummer 5/10

Beide von Rudolf Sittner geschätzten und wohl bedacht gewählten Dichtungen sind sprachliche Kunstwerke großer Meister in ihrer Einzigartigkeit: Nerudas Lyrik mit faszinierenden Sprachbildern und im zweiten Werk eine Auswahl von Gedichten aus Shakespeares spätesten Groß-Zyklus von Sonetten.

Während Neruda aus Bildern Worte entstehen lässt, findet Rudolf Sittner zu Nerudas Sprachbildern eine adäquate Bildsprache, formt aus dessen Worten neue Bilder. Wort und Bild sind bei Sittner immer eins, da Sprache nicht nur allein Bild ist, sondern Bild stets auch Sprache ist. So gelingt Rudolf Sittner hier eine herausragende grafische Lösung für den Text, so dass sich Text und Grafik zu einer neuen wunderbaren Einheit verbinden.

Rudolf Sittner experimentiert und spielt mit Schriften, weicht deren formale Strenge auf. Es bedarf konzentrierter Aufmerksamkeit, „um zu entziffern, was sonst schneller vergessen, als gelesen wird“. Die Schrift dieses Bandes ist ein Ergebnis eigener Schöpfung, ein freies Schrift-Bild, digital nachgearbeitet.

Hervorzuheben sei dabei, dass es sich nicht nur um eine grafische „Spielerei“ handelt, denn es nimmt auf besondere Weise Bezug zum Titel „Die Rückkehr“. Fährt man nämlich mit einem Stift an der Außenkante der schwarzen Form entlang, so gelangt man zum Schluss an denselben Punkt. Bei den Grafiken ist es das gleiche Prinzip.

Dieses in Leinen gebundene Werk ist ein bibliophiles Kleinod, beeindruckend im gelungenen Zusammenspiel von grafischer Imagination und bildgebender Schrift, beginnend bei der Titelgestaltung des Einbandes über das Vorsatzpapier und deren Gestaltung sowie einen hochwertigen digitalen Druck auf gehämmerten Papier.

Die Sonette Shakespeare sind ebenso ein in Leinen gebundenes Werk, allerdings ohne grafische Illustrationen. Das Grafikdesign bezieht sich gänzlich auf das Schriftbild, hier aber mit einer klassischen Typografie, „einer alten Kunst, die zu einem schönen Gefäß für Buchstaben und Worte werden kann“, bei Sittners Shakespeare Sonette eine Art grafische Melodik aus dessen geschrieben Versen.

Geben wir abschließend seinem Freund und jahrzehntelangem künstlerischen Partner Klaus Trende das Wort: „… So gibt Sittner durch sein außergewöhnliches Können in der Schriftgrafik der Lyrik eine ergänzende ästhetische Dimension und erweiterte sinnliche Wirkungskraft.“

Rudolf Sittner selbst dazu: „Ob klassische Kalligrafie oder freies Schrift-Bild: eine lockere Hand, Formgefühl und jahrelange Übung sind das Geheimnis“.